Sonntag, 22. Mai 2011

Ein bißchen Kultur: île St.Marguerite

Mittwoch, 18.5.2011
Ein tiefes, fast unerträglich lautes Dröhnen lässt den kuscheligen, roten Sessel in der Dunkelheit erzittern.
Ich sitze im Grand Palais, im Orchester. Mit einem Promiticket.
Auf der riesengroßen Leinwand vor mir läuft Lars von Triers „Melancholia“, während am unteren Blickfeldrand das Glitzerkrönchen von Auro Dione wackelt.
Der gelungene Abschluss eines chaotischen Tages.


Steinige Felsküste, aber schön zum Wandern

Ein altes Fort, in dessen gefängnis der Mann mit der Eisernen Maske gesessen hat


Die Yacht von Bill Gates

Denn morgens um neun hatten sich die „Early Birds“ unserer Gruppe bereits auf den Weg nach St. Maguerite gemacht, einer vier Kilometer langen Insel in der Bucht vor Cannes und Nizza. Die vierköpfige Nachzüglergruppe (zu der auch ich gehörte) folgte gute drei Stunden später. Nach der Überfahrt auf einer kleinen Fähre voller sonnenverbrannter Menschen durften wir dann am eigenen Leib erfahren, dass auch eine Vierkilometerinsel genug Platz für einige Verwirrung bietet.
St Maguerite besteht vor allem aus dem Hafen, der Küste, dem uralten Fort und jeder Menge Wald. Da der Aufenthaltsort der Frühaufsteher am anderen Ende der Insel lag, planten wir unseren Weg dorthin mittels eines schnellen Blicks auf eine der (fast) überall aushängenden Karten, maschierten los – und verirrten uns im Fort. Nachdem wir feststellen durften, dass es seine Erbauer nur einen Ein-/Ausgang versehen hatten (was nur ungefähr eine Viertelstunde unter glühender Sonne dauerte und uns dazu brachte, uns wie Bewohner des Dschungelcamps zu fühlen), schlugen wir den richtigen Weg ein. Nach einer guten Stunde relativ unmotivierten Laufens durch den Wald, die wir trotz mehreren freundlichen versuchen zu Trampen nicht verkürzen konnten (die dort arbeitenden Männer wollten immer „only the girls“ mitnehmen, und wir hätten die armen Jungs ja nicht alleine lassen können...), fanden wir dann, nach mehreren großzügigen Umwegen, endlich zur Gruppe. Da uns dort aber statt des erwarteten Sandstrands ein natürlicher Steinstrand erwartete (ja, Kommunikation...), ließ ich meine heiß ersehnte Mittelmeertaufe großzügig ausfallen.
Nach einer kurzen Pause traten wir dann wieder den Rückweg ins Hotel an, um dort erstmal was zu essen und uns dann „aufzuhübschen“, damit wir in der Innenstadt um Tickets für den roten Teppich „betteln“ konnten.
So bin ich dann – nach einem tollen Weg über den gesamten roten Teppich im Blitzlichtgewitter in Begleitung von Joan und Isabelle in „Melancholia“ gelandet.
Der Film ist auf den Blick vor allem eins – eine verwirrende Tragödie.
Aufgeteilt in drei Teile – den „Vorspann“ (der wirkt wie ein überdimensioniertes Musikvideo), „Teil I - Justine“ und „Teil II - Claire“ – wird die Geschichte zweier Schwestern und ihrer Familie erzählt, die schließlich mit dem Einschlag des Planeten „Melancholia“ in die Erde (und ihre Vernichtung dadurch) endet.
Auch wenn mir absolut nicht klar ist, welcher tiefere Sinn sich im Vorspann verbirgt, war er zumindest von den Bildern her sehr schön (und sehr dramatisch, da er komplett in Slowmotion gedreht ist).
Die beiden darauffolgenden Teile erzählen nun, zuerst aus der Sicht von Claire, dann aus der Sicht ihrer Schwester Justine zuerst Justines Hochzeit, bei der zum ersten Mal ihre großen (psychischen) Probleme offenbar werden, die sich immer mehr steigern bis sie schließlich total depressiv bei ihrer Schwester einzieht. Diese hat furchtbare Angst vor Melancholia, einem bisher unentdeckten Planeten, der mit großer Geschwindigkeit auf die Erde zurast. Und obwohl führende Wissenschaftler ihn als „Pass-by“ eingestuft haben, bleiben ihr extreme Zweifel, die nicht einmal ihr Mann (selbst Astronom) auszuräumen vermag.
Und wie sich herausstellt, sollte sie Recht behalten. Denn obwohl Melancholia sich zuerst von der Erde fortbewegt, kommt es schließlich zum Einschlag, der auch das Ende des Films bildet: Damit ihr Neffe sich wenigstens vor der Bedrohung durch den Planeten sicher fühlt, hat „Aunt Steelbreaker“ mit ihm aus Stöcken eine „magic cave“ gebaut, in der die drei verbliebenen Familienmitglieder sitzen und warten. Auf die durch den Einschlag ausgelöste Feuerwalze, die über die „magic cave“ hinweg rollt, folgen nichts mehr als Schwärze und ein Ohrenbetäubendes Grollen.
Das Problem des Films ist, dass die beiden Teile schwer in Zusammenhang zu bringen sind und einige Fragen aufwerfen, die (zumindest beim ersten Schauen) nicht zu beantworten sind: Warum genau schafft Justine (Kirsten Dunst) es auf einmal aus ihrer Depression heraus und übernimmt die „Führungsrolle“ in der Familie? Woran genau ist der Mann ihrer Schwester gestorben? Und was ist eigentlich mit Justines Ehemann passiert?
Auch nach einer ausgiebigen Diskussion beim Nachtmal im McDonald’s fanden wir keine Antworten auf unsere Fragen. Und so fiel ich nach einer anschließenden Taxifahrt nach Hause totmüde und noch immer leicht verwirrt ins Bett.
Lia Rodehorst

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